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Dienstag, 28 Juni 2016 20:56

Sie sind jeden Montag glücklich

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Chor Jesowieka feiert zehnjähriges Bestehen – Chorleiterin Martina Parkes und Vereinsvorsitzende Inka Schradick erzählen

Bericht aus der Zevener Zeitung vom 28.6.2016 von Thorsten Kratzmann

„Singen macht glücklich“, sagt Inka Schradick. Sie spricht die Worte, als seien Zweifel daran undenkbar. Mögen andere meinen, das Glück der Erde liege auf dem Rücken der Pferde – eine Erfahrung, die auch nicht jeder teilen mag – sie ist jeden Montagabend glücklich, wenn sie mit Gleichgesinnten vor Martina Parkes steht, die Stimmbänder „wärmt“, die Lungenflügel weitet und singt, singt, singt. Die Damen Schradick und Parkes sitzen am Wohnzimmertisch, bilden ein kongeniales Duo und schwärmen – vom Chorgesang an sich und von Jesowieka im Besonderen, von der familiären Atmosphäre, die im Kreise der 45 Mitglieder herrscht und vom bevorstehenden Jubiläum.

Seit zehn Jahren begeistern sich die Chormitglieder am Gesang, berauschen sich am Glück, fiebern Auftritten entgegen und stellen sich mit Ehrgeiz den Herausforderungen, mit denen Chorleiterin Martina Parkes (Foto unten) am Niveau des Ensembles schraubt.

Am 1. Juli 2006 sei es gewesen, erzählt die Vereinsvorsitzende Inka Schradick, dass sie mit Reinhard Tetzlaff, ihrem Nachbarn, und Claus Jagels aus einer Laune heraus eine Wette einging – Chorgründung gegen Ahorn. Tetzlaff war Sänger in einem Rotenburger Gospelchor und wollte in Nartum Sangesfreunde um sich scharen. Schradick wollte den Ahorn auf dessen Grundstück fallen sehen, weil er ihren Garten in Schatten hüllte. Sie trommelte im Dorf, warb mit einem Flugblatt für die Idee und konnte alsbald in der Sonne hinterm Haus sitzen.

Um die Begeisterung für das gemeinsame Singen zu wecken, luden Schradick, Tetzlaff, Jagels und Iris Höhns die Dorfbevölkerung zu einem Filmabend ein. „Wie im Himmel“ so der Streifen, in dem es um einen berühmten Dirigenten geht, der in sein Heimatdorf zurückkehrt, den Kirchenchor übernimmt und dessen Sängerinnen und Sänger zu Höchstleistungen führt – ihnen die Liebe zur Musik schenkt. Ein anrührender Film.

Gleichwohl war ein zweites Flugblatt nötig. Im November 2006 ging die Saat auf: Ein Dutzend Nartumerinnen und vier Nartumer kamen zur ersten Probe im „Nartumer Hof“ zusammen. Weitere stießen dazu. Doch jedes Ding will auch heißen – ein Name musste her. So spontan wie schon die Chorgründung ging auch dieser Akt über die Bühne. Bei einem Glas Wein in der Küche kreierten die Sangesfreunde Jesowieka – eine Abkürzung des Mottos „Jeder so wie er kann“.

Allwöchentlich fanden sich die Jesowiekas am Donnerstagabend mit Chorleiter Tetzlaff zusammen, um internationale Volkslieder, Gospels, Shantys, Chansons, Rock- und Popstücke einzuüben. Ende 2008 verstarb Reinhard Tetzlaff plötzlich. „Sein“ Chor erwies ihm die letzte Ehre, indem er Lieder aus dem Film „Wie im Himmel“ bei der Beerdigung sang.

Nach einer Zeit des Trauerns fanden sich die Sänger wieder zu Proben ein. Doch den richtigen Ton trafen die Jesowiekas oft nicht. Unzufriedenheit habe sich breit gemacht, erzählt Schradick. Abhilfe sollten die Gründung eines Vereins und die Bestellung eines professionellen Chorleiters schaffen. Doch „die Vereinsgründung wollten viele erst nicht“. Unter Vermittlung von Heinrich Bammann aus Gyhum gelang es dann doch. Bammann sei es auch gewesen, der den Jesowiekas Martina Parkes als Chorleiterin empfahl.

Die mit Ehemann Allan und den beiden Söhnen in Tarmstedt wohnende Opernsängerin hatte quasi zeitgleich einen Hinweis von Piet Lambreghts auf den verwaisten Chor bekommen. Der Niederländer war mit Parkes bekannt und Sänger bei Jesowieka. Lambreghts habe gesagt „du passt gut zu dem Chor“, erzählt Parkes. Sie sei zu einer Probe gekommen und hat sofort den Taktstock geschwungen. „Mir gefiel die frische Energie“, schwärmt sie.

Und doch drohten die noch zarten Bande gleich zu reißen, denn die Sangesfreunde wollten nicht vom Probentermin Donnerstagabend lassen – wohl wissend, dass die Opernsängerin donnerstags ihrer Arbeit nachzugehen hat. Mit dem gemeinsamen Singen am Montagabend, wie von Parkes vorgeschlagen, mochten sich die Chormitglieder zunächst nicht anfreunden. „Plötzlich ging es dann doch.“

Dieses Erlebnis liegt jetzt knapp sechs Jahre zurück. „Damals hat keiner von uns gedacht, dass wir mal so gut werden“, kommentiert die Vereinsvorsitzende Schradick und lacht die Chorleiterin an. Die nimmt es als Kompliment und erwidert: „Der Chor ist zu einer Bereicherung für mein Leben geworden.“ Einig sind sich die Damen darin, dass der Altersmix der 17- bis 72-jährigen Chormitglieder stimmt, dass es gern mehr als acht Männer sein dürften und dass der harte Kern von 30 bis 35 Jesowiekas „etwas Familiäres“ bilde.

Bei den Proben, die mittlerweile im Haus Kreienhoop stattfinden, herrsche „immer gute Stimmung“ – das ist so, weil einerseits Singen glücklich macht, andererseits daran, dass Martina Parkes fast jedem das Singen beibringen kann – „bei 99 von 100 klappt das“, sagt sie – und drittens dürfte es auch daran liegen, dass Erfolg gute Laune macht.

In den zurückliegenden sechs Jahren hat sich der Chor ein Repertoire von knapp 60 Liedern erarbeitet. Das Ensemble wagt sich unter gutem Zureden der Chorleiterin an immer anspruchsvollere Lieder und hat auch keine Manschetten mehr vor vierstimmigen Stücken. Welche Anziehungskraft die Atmosphäre, die im Kreise der Jesowiekas herrscht, ausübt, wird daran deutlich, dass nur noch 14 der 45 Sängerinnen und Sänger aus Nartum stammen. Montag für Montag reisen Chormitglieder bis zu 25 Kilometer an, um die Proben nicht zu versäumen.

Kontinuität, Verlässlichkeit und Engagement sind bei allem Spaß auch nötig, um für die Konzerte gerüstet zu sein. Zwei Jahre gehen ins Land, bis 20 Lieder für einen zweistündigen Auftritt vor Publikum sitzen, berichtet Parkes. „Das ist viel Arbeit, macht aber glücklich“, wirft Inka Schradick ein. So hat sie es erlebt bei den ersten, viel umjubelten Konzerten vor vier Jahren in Sottrum und Tarmstedt, beim ersten Weihnachtskonzert in Wilstedt oder beim gemeinsamen Auftritt mit dem Bremer Bürgerchor vor wenigen Wochen in Bremen.

Für weitere Glücksmomente wollen Martina Parkes und Jesowieka beim diesjährigen Weihnachtskonzert in Posthausen, Anfang Februar 2017 in der Gyhumer Margarethen-Kirche und bei einer Chorreise in die Niederlande sorgen.

Vorher wird aber gefeiert: Jesowieka begeht sein zehnjähriges Jubiläum mit allen Sängern und den ehemaligen und den Nartumern und allen, die mitfeiern möchten, am Freitag, 1. Juli, ab 19 Uhr unter den Eichen Am Brink in Nartum. Es wird viel gesungen, in den Feuerschalen lodern die Flammen, es gibt ein Gläschen Wein und mehr. „Wir wollen eine Sommerparty feiern“, kündigt Inka Schradick an.

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